In den letzten 20 Jahren veränderte sich der Hafen radikal. Mit der Moderne verschwanden viele traditionsreiche Arbeitsfelder. Von 14.000 Hafenarbeitern blieben 5000.
Der Umschlag von mehr als fünf Millionen Standard-Containern auf 20-Fuß-Basis, so genannten TEUs (Twenty Foot Equivalent Units) im vergangenen Jahr im Hamburger Hafen hat die neuen Strukturen, die sich in den vergangenen 20 Jahren herausgebildet haben, deutlich werden lassen. Ganze Berufsbilder verschwanden, und neue kamen hinzu. Lag ein 10.000-Frachter mit Kaufmannsgütern früher mehrere Tage am Kai, um seine Ladung abzugeben und neue zu übernehmen, geschieht dies heute bei den großen Containerschiffen mit Tragfähigkeiten bis zu 100.000 Tonnen innerhalb weniger Stunden. Waren Mitte der 60er Jahre noch etwa 16.000 Hafenarbeiter beschäftigt, sind es heute nur noch rund 5000.
Der augenfälligste Beruf im Hafen war der des Schauermannes. Diese muskelbepackten Männer stapelten in den Schiffsbäuchen Kisten, Säcke, lose Fälle oder in Ballen, aber auch Lokomotiven, Reisezugwagen und Güterwagons.
In den fünfziger Jahren entwickelte die Hamburger Stülckenwerft, die später von Blohm + Voss übernommen wurde, ein Ladegeschirr für Schwergutlasten. Der so genannte Stülckenbaum konnte bis zu 250 Tonnen heben und war ausschwenkbar zwischen zwei schräg stehenden Masten verankert. Heute können mit bordeigenen Kränen bis zu 800 Tonnen bewegt werden.
Der Beruf des Schauermanns ist im Laufe der Jahre verschwunden. Heute werden die Container von besonders ausgebildeten Packern be- und entladen, sofern dies nicht beim Absender oder Empfänger passiert. Zum anderen sind das Laschen, das Befestigen, von Großkollis an Bord zu einer Aufgabe von Spezialisten geworden, die weniger mit Muskelkraft als mit dem Kopf arbeiten müssen.
Auch der klassische Kranführer, der in gut zwölf Metern Höhe auf seinem Kampnagel-Kran saß, ist heute kaum noch anzutreffen. Zwar arbeiten noch einige wenige dieser Kräne, aber die Anzahl der hier tätigen Männer ist gering. Gefragt sind heute Spezialisten, die auf den Containerbrücken arbeiten und innerhalb weniger Minuten die Normkisten von Bord holen oder auf genau vorgegebenen Positionen auf dem Schiff die Container absetzen. Dadurch wurden das Löschen und Laden deutlich beschleunigt – und Zeit ist Geld. Nur ein Containerliner, der fährt, verdient auch Geld.
Die wenigen Schwergutkräne auf einigen Kais werden auch heute noch für die Beladung eingesetzt. Zum Beispiel bei Transformatoren oder Walzenständern sowie beim Erz- und Kohleumschlag. Und die „Könige“ unter diesen Spezialisten sitzen auf den beiden noch im Hafen arbeitenden Schwimmkränen der Hamburger Hafen- und Lagerhaus AG (HHLA), die mühelos 250 Tonnen oder zusammen 300 Tonnen schwere Brocken bewegen können.
Großes Fingerspitzengefühl müssen die Kranführer der großen Bergungskräne besitzen, die 800 Tonnen auf den Haken nehmen können. Sie helfen beim Aufrichten gesunkener Schiffe oder setzen bei Blohm + Voss 300 bis 400 Tonnen schwere Schiffssektionen in den Neubaudocks ab.
Wurde früher jeder Hieve, die an Bord gegeben wurde oder von Bord geholt wurde, von einem Ladungskontrolleur, dem Tallymann, auf Übereinstimmung mit den Ladungspapieren überprüft. Heute sieht man diese einst so wichtigen Experten kaum noch an Bord oder auf den Kais. Sie sitzen in den Kontoren und vergleichen am Computer Ladungslisten. Und weil Container meist vom Hersteller bis zum Empfänger, also von Haus zu Haus, laufen, müssen keine Drahtrollen oder Kaffeesäcke mehr gezählt werden.
Dafür gibt es heute im Hafen den Lehrberuf des Seegüterkontrolleurs. Eingegangen in die dreijährige Ausbildung sind die Berufe des Ladungskontrolleurs, des Qualitätskontrolleurs und des Kornumstechers für die Getreidebearbeitung.
Letzterer zählte zu den ältesten Berufen im Hafen. Bereits im 13. Jahrhundert wurde in Hamburg Getreide umgeschlagen. Der Kornumstecher warf mit großen Schaufeln das Korn durch die Luft, um es zu trocknen und der Selbstentzündung vorzubeugen, wenn es feucht geworden war.
Vom Aussterben bedroht ist auch einer der letzten Knochenjobs im Hafen, der des Ewerführers. Decksschutenschiffer dagegen bewegen auch heute noch ihre Kähne im Hafen. Doch der Ewerführer ist eben mehr als ein Decksschutenschiffer. Er lebt auf seiner Schute und bewacht so auch seine kostbare Ladung. Ein Job für Seeleute, die an Land sesshaft geworden waren, aber ihre Liebe zur Schifffahrt nie aufgaben. In Zeiten, als noch Güter mit der Schute zum Schiff gebracht wurden und zum Beispiel Tabak von den Frachtern zu den Lagerhäusern, da gab es zahlreiche Ewerführer. Und die Knochenarbeit bestand darin, dass die Ewerführer ihre Schuten mit dem langen Bootshacken selber an der Kaimauer oder am Seeschiff verholten. Das passiert heute nur noch in Ausnahmefällen, wenn Schiffe nicht am Kai, sondern im Strom an den Duckdalben liegen und hier entladen werden.
Doch das kommt heute kaum noch vor. Den Zwischentransport im Hafen hat der Lkw übernommen. Nur, wenn billiger Lagerplatz bis zum Weitertransport benötigt wird, greifen Umschlagsfirmen und Empfänger auf die Schuten zurück, die dann von einem Decksschutenschiffer während der Be- und Entladung betreut werden. Und vor die Schuten, die oft zu Schubverbänden zusammengekoppelt werden, spannt sich heute ein Schlepper, der die Decksschutenschiffer von ihrer nicht ganz ungefährlichen Arbeit befreit.
Auch bei diesem Beruf trägt der internationale Warenaustausch per Container zum Aussterben bei. Zahlreiche Decks-schutenschiffer haben sich daher das Patent für den Hafenschiffsführer gemacht und dürfen dann auch Schlepper führen.
Maschinen haben längst auch den Reepschläger ersetzt. Wurden früher die Taue und später die Stahlseile noch in aufwendiger Handarbeit hergestellt, die Hamburger Vergnügungsmeile Reeperbahn hat daher ihren Namen, denn einst wurde hier Tauwerk geschlagen. Inzwischen läuft dieser Herstellungsprozess voll automatisch. Doch auch, wo heute Maschinen stehen, wird eine lange Reeperbahn benötigt. Beim Materialeinsatz haben synthetische Materialen Hanf und Sisal längst verdrängt.
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